Für hohen Besuch

Heitere Hausgeschichten aus der Freistadt Rust

Die Ruster – tolerant, gestreng, pedant und jovial – vor allem aber anders

Kosenamen, die auf Schildbürgerstreiche zurückzuführen sind, gelten für die Bürger in nahezu allen Städten und Gemeinden des Burgenlandes. Die Ruster haben bereits seit der Zeit Maria Theresias den Beinamen „Hechtenstutzer“. Doch wie kam es dazu?

Die „Hechtenstutzter“
In dem von aller Welt abgeschlossenen Freistädtchen bereitete man emsig und gewissenhaft alles für den angesagten Besuch der großen Kaiserin Maria Theresia vor. Alles wurde weise beraten, selbst die Speisen für die Festtafel wurden von den besorgten Stadtvätern sorgsamst ausgewählt.

Den Höhepunkt dieses Mahles sollte ein silberglänzender Riesenhecht bilden, den ein Fischer soeben erbeutet hatte.

Sehsüchtig erwartete schon der hohe Stadtsenat samt dem Volke die Ankunft der schönen Landesfürstin, da traf die betrübliche Nachricht ein, dass der Besuch Ihrer Majestät erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden würde. Nun waren die Herren Stadtväter ratlos. Wird es möglich sein, die Festtafel auch dann mit solch einem Riesenhecht zu verschönern? Nach langen und ernstlichen Erwägungen erhob sich endlich ein Mitglied des fürsorglichen Stadtsenates und stellt den Antrag, den Riesenhecht, die Zierde der Tafel, wieder in den See zu werfen, um ihn dann zu gegebener Zeit herauszuholen. Damit man ihn aber auch wieder finde und erkenne, solle man ihm, bevor er noch ins Wasser gelange, die Schwanzflossen „stutzen“. Der wohlweise Rat wurde einstimmig angenommen und sogleich in die Tat umgesetzt. Leider fehlen die Berichte darüber, ob der „gestutzte“ Hecht auch wirklich die nach geraumer Zeit stattgefundene Festtafel schmückte.

Ein Fest wird es damals wohl gegeben haben, doch Kaiserin Maria Theresia hat die Freistadt Rust niemals (nach heutigem Wissenstand) besucht – zumindest finden sich derzeit dazu im Archiv der Stadt keine Aufzeichnungen.

 

Quelle: Wolfgang Bachkönig; „Ruster Stradivari“, Kriemhilde Meyer – Eigenverlag, 2009
Fotos: (C) Bachkönig; Foto Startseite: (C) Familie Augsten
Ein Beitrag gefördert vom Land Burgenland

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