Rathausplatz 11

Als Plastik noch nicht die Welt regierte

Geschichte der Schaffelmacher von Hochart

Die Besiedlung des Ortsriedes Hochart dürfte im 17. Jahrhundert begonnen haben.

Die Bewohner des Ortes haben wohl stets aus der VERWERTUNG DES HOLZES ihren Lebensunterhalt bestritten. Da die Landwirtschaften zu klein zum Überleben waren, war stets ein zusätzlicher Verdienst erforderlich. Nur die Häuser 24 und 27, die in der Einschicht lagen, waren lebensfähige Höfe.

Im Jahr 1837 bestand Hochart aus 21 Häuser und 170 katholischen Einwohnern. Schon damals waren die Bauern SCHAFFELMACHER, welche damit einen ausgedehnten Handel bis in die Türkei betrieben[1]. Bis zum ersten Weltkrieg fanden die Schaffel hauptsächlich in Ungarn besonders guten Absatz, sie wurden auf dem Markt in Steinamanger (Szombathely) verkauft. Diese Weichholzbinderei, die keine Lehrzeit und keinen Gewerbeschein erforderte, betrieb fast das ganze Dorf.

In den 1920er und 1930er Jahren hatten die Hocharter einen Liefervertrag mit der Wiener Fischfabrik Warhanek, für die sie in den Wintermonaten wöchentlich zwei Eisenbahnwaggon voll mit Schaffel erzeugten. Zu dieser Blütezeit gab es beinahe in jedem Haus ein bis zwei Schaffelmacher. Viele davon hatten noch zwei und mehr fremde Arbeiter – man nannte sie Gesellen.

„Dass diese Gesellen gewöhnlich nur drei Tage in der Woche arbeiteten, dann aber tüchtig, und von Samstag bis Dienstag damit beschäftigt waren, ihren Lohn in Alkohol umzusetzen, sei nur nebenbei erwähnt. Nicht, dass sie besonders verdienten, doch diese Gesellen waren ja vollkommen anspruchslos. Sie leisteten sich außer einem saftigen Rausch eigentlich gar nichts. Sie besaßen nur eine einzige Hose für Wochen- und Sonntage, und die war bloß aus Leinen gefertigt. Dass mit diesen wenigen Halblustigen auch oft rechtschaffene Väter, und Söhne angesehener Eltern in einen Suff verwickelt waren, ist auch bekannt.“[2]

„Im Jahr 1930 gab es 150 Einwohner, davon 56 schulpflichtige Kinder. Die Bevölkerung war liebenswert und sehr fleißig. Die Kinder waren das genaue Abbild ihrer Eltern. Die Häuser waren alle mit Stroh gedeckt. Die Feuergefahr war immens.“[3]

Im Jahr 1934 wurde durch ein Gesetz die Verwendung von Weichholzgebinde für die Aufbewahrung von Fisch verboten. Unter Mitwirkung des damaligen Hocharter Volksschullehrers Josef P. Krutzler konnte über Vermittlung von Kardinal Innitzer und dem Handelsminister eine Sistierung des Gesetzes erwirkt werden. Unter der Auflage, dass die Schaffel wasserdicht gemacht werden mussten, wurden sie noch für zwei Jahre erlaubt.

Allmählich wurde das Holzschaffel vom Blech- und Glasgeschirr verdrängt, später von Plastik, und nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zum völligen Niedergang. Nur wenige Männer, wie Alois Zartl, Nr. 43, und Michael Schuh, Nr. 31, arbeiten noch einige Zeit weiter. Der letzte Schaffelmacher war Karl Rosner.

 [1] Erläuterungen zur Perspectiv-Karte der Erzherzogthums Österreich unter der Enns. LVIII. Section, 1837

[2] Schul- und Ortschronik Hochart, S. 63f

[3] Manuskript von Josef P. Krutzler

 

Quelle: Mag. Rudolf Köberl
Fotos : (C) Brigitta Trsek
Dieser Beitrag ist gefördert vom Land Burgenland

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