über eine Studentenkapelle

„Die Kapelle Fürchterlich“ –  mit dem Schustermeister als Kapellmeister

Wenn ich heute ein Konzert einer burgenländischen Blasmusik besuche und den Tönen der bestens ausgebildeten Musikerinnen und Musiker in ihren wunderschönen Trachten lausche, denke ich immer mit Wehmut an meine Jugendzeit zurück. An die Zeit, als ich schon mit acht Jahren Es-Klarinettist der Studentenkapelle in Oberschützen war.

Von einer professionellen Musikausbildung und einer einheitlichen Musikuniform wie heute konnten wir damals in den Fünfzigerjahren nur träumen.

Mein Musiklehrer war Julius Simon, ein Schustermeister aus Oberschützen, der seine zukünftigen Musiker in seiner Schusterwerkstätte im Dachgeschoß seines Hauses unterrichtete. Seine Unterrichtsmethoden waren sehr unkonventionell, jedoch sehr effizient. Aber trotz all seiner Strenge machte uns das Musizieren in der Schusterwerkstätte die meiste Zeit einen großen Spaß, besonders dann, als wir statt langweiliger

 Etüden, kleine Liedchen und Märsche zu spielen begannen, mit denen er uns auf den Einstieg in die Studentenkapelle vorbereitete.

Die Proben der Kapelle fanden immer am Freitag am Abend im Schülerheim in Oberschützen statt und dauerten meistens zwei Stunden. Sie verliefen meistens sehr turbulent und laut.

Die schrillen Töne meiner Es- Klarinette waren besonders gut zu hören
und gingen meinem Sitznachbar oft durch Mark und Pein.

In den Nachkriegsjahren gab es in Oberschützen keine Blasmusik, daher kamen wir bei verschiedenen Veranstaltungen zum Einsatz. Immer in Erinnerung bleiben wird mir der Großflugtag am 12. Mai 1957, als während der Festpredigt der evangelische Pfarrer Dankwart, Fürchtegott Pohl an einer plötzlichen Herzattacke verstarb.

Unsere Bekleidung war mangels einer einheitlichen Uniform eher bescheiden. Ein weißes Hemd und eine dunkle Hose, wenn vorhanden, sollten einigermaßen ein einheitliches Erscheinungsbild zum Ausdruck bringen. Als ich bei einem Fronleichnamsumzug in Bad Tatzmannsdorf keine passende Hose hatte, musste die graue Sonntagshose meines um zwei Jahre älteren Bruders herhalten, die mir natürlich viel zu groß war.  

Der Schuhmachermeister und Musiklehrer Julius Simon hat nach dem 2. Weltkrieg vielen Jugendlichen ein solides musikalisches Rüstzeug mitgegeben, in theoretischer Hinsicht vielleicht nicht so perfekt wie in einer Musikschule. Er formte jedoch aus seinen Schülern Musikanten, die die Fähigkeit erlernten, auch nach dem Gehör zu musizieren. Es störte uns daher auch nicht, wenn wir von sogenannten Musikprofis manchmal die Kapelle „Fürchterlich“ genannt wurden.

Wenn wir bei einem guten Gläschen Wein beisammen sitzen, nehmen wir oft unsere Instrumente zur Hand und stimmen mit Begeisterung die alten Melodien aus unserer Jugendzeit an. Dabei werden wieder Erinnerungen wach, an den

Schuhmachermeister, Musiklehrer und Kapellmeister Julius Simon, an das „Schusterkammerl“ mit dem stinkenden Schusterleim und an eine schöne gemeinsame Jugendzeit, die ich nie vergessen werde.

Die Mitglieder :Wilfried Specht, Dieter Nicka, Julius Simon, Edi Nicka,  Alfred Kurz

 

Quelle : Erinnerungen von Edi Nicka
Fotos : (C) Edi Nicka
Ein Beitrag gefördert vom Land Burgenland

 

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